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Zweck: Dieser Text erkundet die Komplexität von positivem und negativem Denken sowie deren Auswirkungen auf Psyche und Körper. Er beleuchtet die Bedeutung einer ausgewogenen Stressbewältigung und betont die Rolle einer ganzheitlichen Psychotherapie.


Die Macht des Negativen Denkens und seine Auswirkungen

In der Welt des positiven Denkens propagieren viele Ratgeber und Influencer die Vorzüge einer optimistischen Sichtweise als Bewältigungsstrategie für ein besseres Leben. Doch diese Perspektive vernachlässigt oft die Tragweite des negativen Denkens.

Die Metapher des halbvollen oder halbleeren Glases veranschaulicht die Positionen des positiven und negativen Denkens. Doch diese binäre Sichtweise vernachlässigt die Komplexität des Lebens und der Gedanken.

Die Kognitive Verhaltenstherapie unterscheidet in diesem Kontext verschiedene „Denkfallen“, wie das „Alles-oder-Nichts-Denken“. Sie verdeutlicht, dass beide Denkweisen stark von den individuellen Umständen abhängen und mehr Graustufen beinhalten als lediglich diese zwei Optionen.

Positives und negatives Denken können die Realität verzerrt darstellen. Versucht man zwanghaft, schlechte Ereignisse positiv zu bewerten, unterdrückt man langfristig eigene Bedürfnisse, was wiederum Auswirkungen auf das Immunsystem und andere Körpersysteme haben kann.

Die Psychoneuroimmunologie erforscht die Auswirkungen dieser emotionalen Unterdrückung auf den Körper und die Psyche. Jeder Mensch reagiert individuell auf Stressoren, basierend auf Lebenserfahrungen und erlernten Bewältigungsmechanismen.

Stress kann als Bedrohung für den Körper oder die Psyche wahrgenommen werden, wodurch unsere natürlichen Systeme wie Hormon-, Immun- und Verdauungssysteme beeinflusst werden.

Die Auswirkungen von chronischem Stress auf den Körper sind beträchtlich: Ein konstanter Anstieg des Cortisols schädigt verschiedene Systeme und kann zu gesundheitlichen Problemen wie geschwächter Immunabwehr, hohem Blutdruck, Gewebeschäden und hormonellen Ungleichgewichten führen.

Forschungen zeigen Zusammenhänge zwischen Stress und Autoimmunkrankheiten sowie schweren Erkrankungen wie Krebs und ALS auf.

Als Verfasser des Textes ist es mir wichtig zu betonen, dass schwere Krankheiten keine Charakterverfehlungen sind. Es würde der Komplexität der Erkrankungen widersprechen und Therapeuten und Denker die diese Haltung haben, fallen auf das Phänomen des „Gerechte-Welt-Glaubens“ herein, eine kognitive Verzerrung, in der Menschen denken, dass Menschen das bekommen, was sie verdienen.(Es folgt bald ein sehr wichtiger Artikel dazu, in wenigen Tagen!)

Die moderne Welt bringt komplexere Sorgen und Konflikte mit sich, die das menschliche Nerven- und Hormonsystem vor neue Herausforderungen stellen.

Eine effektive Psychotherapie sollte nicht nur auf Dankbarkeit und positives Denken fokussieren, sondern auch das Urteilsvermögen und die Sinne schärfen. Analog dazu sollten Therapien helfen, Diagnosen zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um aktiv gegen diese anzugehen.

Zum Beispiel ist Depression primär eine Stoffwechselstörung und keine Charakterdefizit. Daher ist es entscheidend, Ursprungskonflikte anzugehen, anstatt die Probleme zu ignorieren. Die Selbstermächtigung liegt im Umgang mit diesen Konflikten, nicht im bloßen Wegdenken.

Diese Herangehensweise erinnert an die Metapher des Vogels auf dem Ast, der nicht nur auf den Ast vertraut, sondern auch weiß, dass seine Flügel stark genug sind, um ihn zu tragen, falls der Ast bricht. So geht es auch darum, das innere Gleichgewicht und die eigene Stärke zu erkennen und zu nutzen.

Insgesamt bietet eine umfassende Psychotherapie Werkzeuge zur Bewältigung von Stressoren und zur aktiven Übernahme der eigenen Lebensgestaltung.